Der Regenwurm – ein unverzichtbarer Helfer im Garten?

Eine französische Bauernweisheit behauptet zu Recht: "Der liebe Gott weiss, wie man fruchtbare Erde macht, und er hat sein Geheimnis den Regenwürmern anvertraut."
Doch wenn man dem glitschigen, kleinen Wesen in Massen auf den nassen Strassen nach einem starken Regenfall begegnet, fragt man sich schon, warum denn der Regenwurm ein doch sehr wichtiger, ja sogar unverzichtbarer Organismus im biologischen Haushalt ist. Der Regenwurm und ein Heer von anderen Organismen im Boden erledigen die Hauptarbeit bei der Herstellung von Humus und tragen somit zur unverzichtbaren Bodenverbesserung bei.

Der Regenwurm

Der Organismus

Die Regenwürmer sind im Erdboden lebende, gegliederte Würmer aus der Ordnung der Wenigborster. Sie gehören innerhalb des Stammes der Ringelwürmer zur Klasse der Gürtelwürmer. Von den weltweit rund 3500 Arten sind der 9 bis 30 Zentimeter lange Regenwurm, auch Tauwurm genannt, und der 6 bis 13 Zentimeter lange Kompostwurm wohl die bekanntesten einheimischen Arten.
Der Körper des Regenwurms besteht aus zahlreichen zylindrischen Gliedern (Segmenten). Nach aussen hin ist der gesamte Körper des Wurms und damit auch jedes seiner Segmente durch einen Hautmuskelschlauch abgegrenzt, welcher von einer Schleimschicht umgeben ist. Diese dient als Austrocknungsschutz und als Gleitmittel beim Kriechen. Eine Art Oberlippe überwölbt am Kopfende den Mund. Die Mundöffnung führt direkt in den Darm, der den ganzen Regenwurm von vorne bis hinten durchzieht und am Hinterende des Wurms beim After endet.
Die durchschnittliche Lebenszeit liegt zwischen 3 bis 8 Jahren.
Die nachtaktiven Regenwürmer ernähren sich überwiegend von Erde und Pflanzenresten. Das heisst, sie füllen ihren Darm mit humusreicher Erde und vermodertem Pflanzenmaterial. Sie ziehen nachts welke und abgestorbene Blätter und Grashalme in ihre Gänge, um sie dort verrotten zu lassen und später als Nahrung zu verwerten. Regenwürmer fressen nie lebende Pflanzen und sind somit keine Schädlinge. Ständig fressen sich die Regenwürmer kreuz und quer durch die Bodenschichten, im Idealfall bis in Tiefen von 2 m. Die dabei aufgenommene Erde enthält Bakterien, Pilzsporen und zahlreiche Einzeller, die verdaut und als Nahrung genutzt werden können.
Mit Hilfe seiner ausgeprägten Ring- und Längsmuskulatur ist der Regenwurm in der Lage, sich sowohl vorwärts als auch rückwärts kriechend zu bewegen.
Die Wintermonate (Dezember bis Februar) verbringen Regenwürmer in Mitteleuropa in 40 bis 80 cm Bodentiefe in einer Art Kältestarre. Häufig finden sich unter wärmespeichernden Bodenstrukturen wie Baumstümpfen, Steinen oder Komposthaufen ganze Kolonien zusammengerollter Würmer.

Bedeutung für die Bodenverbesserung

Regenwürmer nehmen als Zersetzer (Destruenten) eine zentrale Stellung beim Abbau organischer Substanzen ein. Bei ihrer Wanderung durch die Böden (Erde) bilden Regenwürmer Röhren. Meist werden die gebohrten Röhren mit Schleim und Exkrementen der Würmer ringsherum ausgekleidet und somit für den raschen Auf- und Abstieg stabilisiert. Diese Tapezierung dient den Pflanzen als Dünger. Die lufthaltigen Gänge sorgen unter anderem dafür, dass Bakterien mit genügend Sauerstoff versorgt werden und sich abgestorbene Pflanzenteile besser zersetzen.
Regenwürmer befördern dauernd Erde aus tieferen Bodenschichten durch ihren Darm hindurch an die Erdoberfläche und tragen so zur Auflockerung und Belüftung der Böden bei. Somit kann Wasser und auch Luft in tiefere Bodenschichten eindringen, was das Pflanzenwachstum fördert.
Den Kot setzen Regenwürmer meist oberirdisch in Form von geringelten Kotbällchen am Mündungsende ihrer Gänge ab und bewirken so eine bedeutende Durchmischung der Bodenschichten, wobei der Untergrund mit Humusstoffen angereichert wird. Die Kotbällchen, also das Produkt des Regenwurms mit hochkonzentrierten Bestandteilen an pflanzenverfügbaren Nährstoffen, sind die beste Erde für die Pflanzen.

Gefährdung und Schutz

Dem Regenwurm und insbesondere seinem Lebensraum, dem Boden, drohen zahlreiche Gefahren durch Schadstoffeinträge und Flächenversiegelung (z.B. Asphaltierung). Die Schadstoffe stammen aus privaten, wie auch gewerblichen Anlagen, aus dem Strassenverkehr, aus Abfällen und aus der Ausbringung von Klärschlamm. Auch unsachgemässe Anwendung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln schädigt die Böden. Die genannten Schadstoffe bewirken eine Veränderung und Einschränkung der natürlichen Bodenfunktionen. Damit werden die Lebensbedingungen für alle Bodenlebewesen immer schlechter. Dadurch binden die Böden immer weniger Humusanteile und Mineralstoffe. Das enorm wichtige Bodenleben kommt allmählich zum Erliegen, was eine Erosion des Oberbodens durch Wind und Regen zur Folge hat und die Wachstumsbedingungen für die Pflanzen stark erschweren.
Weitere Probleme bringen die Verdichtung und die zunehmende Versiegelung unserer Böden mit sich. Unter völlig versiegelten Flächen wie Fahrbahnen und Parkplätzen existieren praktisch keine Bodenlebewesen mehr.
Zum Schutz und zur Förderung der Regenwürmer und anderer Bodenlebewesen sollte deshalb der Ausstoss von Schadstoffen, aber auch das Ausbringen von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, wenn möglich auf ein Minimum reduziert werden. Die Nahrungsgrundlage in Form von organischem Material ist ausreichend sicherzustellen. Dies kann mittels organischer Düngung (Mist, Kompost) und konsequenter Bodenbedeckung (Mulchen) erreicht werden.
Eine totale Versiegelung des Bodens kann durch die Verwendung von Rasensteinen, Schotterrasen, grosszügigen Baumscheiben oder geeigneter Bepflanzung (z.B. Bodendecker) verhindert werden.

Fressfeinde und Regenerationsvermögen

Regenwürmer werden in erster Linie durch zahlreiche Vogelarten verfolgt. Natürliche Feinde sind auch Marder, Maulwurf, Igel, Spitzmaus und Laufkäfer. Auch der Fuchs und der Dachs ernähren sich gern von Regenwürmern.
Regenwürmer verfügen über ein beachtliches Regenerationsvermögen. Wenn ein Wurm aus Versehen geteilt wird, z.B. bei Grabarbeiten, entstehen nicht etwa zwei neue Würmer, wie es im Volksglauben fälschlicherweise verankert ist. Der erste Körperteil, in dem sich das Gehirn und alle wichtigen Organe befinden, ist überlebensfähig, solange er noch aus mehr als 40 Segmenten besteht. So ist es dem Organismus möglich, nach der Durchtrennung sein Hinterende fast vollständig wieder auszubilden.

Der Regenwurm
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