Das Geissblatt, oder mit einem anderen gebräuchlichen Namen Heckenkirsche, gibt es in einer grossen Fülle und Vielfalt. Die einen haben einen strauchigen Wuchs, andere sind schlingend. Die Winterduft-Heckenkirsche (Lonicera purpusii) gehört zu den Strauchigen. Auffallend sind die jahreszeitlich sehr frühe Blütezeit im Winter und der intensive, angenehme Duft.
Der deutsch-amerikanische Botaniker Alfred Rehder beschrieb die Kreuzung Lonicera purpusii zwischen den beiden aus China stammenden Arten Lonicera fragrantissima und Lonicera standishii. Sie ist vor dem Jahr 1920 im Botanischen Garten von Darmstadt spontan entstanden. Sie wurde zu Ehren von Carl Albert und Joseph Anton Purpus benannt, die eine besondere Beziehung zum Botanischen Garten hatten.
Joseph Anton (1860 – 1932) ging nach seiner Gärtnerlehre an den Botanischen Garten Sankt Petersburg. 1888 wurde er als Inspektor an den Botanischen Garten Darmstadt berufen. 1925 gab er dieses Amt ab, führte aber noch bis 1928 die Oberaufsicht des Gartens. Botanische Sammelreisen führten ihn nach Lappland und Mexiko, wo sein Bruder Carl Albert (1853 – 1941), ein ausgebildeter Apotheker, als freiberuflicher Pflanzensammler lebte. Er sammelte Pflanzen und Samen für verschiedene Institutionen und Baumschulen und legte Herbarblätter für wissenschaftliche Einrichtungen an. Auf diesen Streifzügen entdeckte er verschiedene neue Pflanzen. Besonderes Augenmerk richtete er auf Pflanzen, die auch in Deutschland winterhart waren.
Der erzkonservative Carl Albert galt als ein schwieriger Mensch. Er lebte einsiedlerisch, war ein überzeugter Vegetarier und Frauenfeind. Die Arbeiter auf seiner mexikanischen Hazienda und andere kranke Personen behandelte er gratis. Weil er nicht mit Geld umgehen konnte, setzte er das Pflanzensammeln notgedrungen bis ins hohe Alter fort.
Beide Brüder veröffentlichten zahlreiche Fachartikel. Carl Albert beschäftigte sich auch mit Klapperschlangen. Joseph Anton war ein herausragender Pflanzenfotograf.
Die Winterduft-Heckenkirsche, auch winterblühendes Geissblatt genannt, ist ein 1,5 bis 2 Meter hoher und ebenso breiter, dicht verästelter Strauch. Die einzelnen Äste sind breit verzweigt und mit der Zeit elegant überhängend. Junge Triebe haben eine rot-violette Rinde. An älteren Zweigen bildet sich eine bräunliche, in langen Streifen abfasernde Rinde. Das dunkelgrüne Laub ist oval. In milden Gegenden oder an geschützten Standorten ist dieser Strauch wintergrün, das heisst dass die Blätter bis weit in den Winter hinein grün bleiben und erst gegen Ende des Winters abfallen.
Das Aussergewöhnliche sind aber die rahmweissen, sehr stark nach Honig duftenden Blüten. Sie erscheinen je nach Witterung und Standort bereits im Dezember und bleiben bis in den April hinein am Strauch. Die Hauptblüte ist in der Regel im Februar und März. Aus diesen Blüten entwickeln sich während des späteren Frühlings erbsengrosse, rote Früchte, was in unseren Breitengraden eher selten geschieht.
Grundsätzlich kann die Winterduft-Heckenkirsche in Gruppen oder als Einzelstellung verwendet werden. Sie kann, wegen ihres dichten Wuchses, auch Sichtschutzaufgaben übernehmen. Der Standort kann sonnig, halbschattig oder sogar schattig sein. Auch die Verwendung in Gefässen ist möglich, da die Winterduft-Heckenkirsche absolut winterhart ist.
Sträucher, die während der Winterzeit blühen und erst noch intensiv und angenehm duften, sollten im Garten an Orten gepflanzt werden, welche im Winter viel kontaktiert werden, zum Beispiel beim Eingangsbereich. So kann man selber und auch die Besucher die Vorzüge häufig geniessen. Ein richtiger Aufsteller in der tristen Winterzeit! Zweiglein von der Winterduft-Heckenkirsche halten auch ein paar Tage geschnitten in der Wohnung.
Die Winterduft-Heckenkirsche ist ein sehr robuster und wüchsiger Strauch. Krankheiten und Schädlinge sind nicht bekannt. Sie wächst in jedem normalen Gartenboden. Ein regelmässiger Schnitt ist nicht erforderlich. Einzig bei einer "Vergreisung" des Strauches kann mit dem Auslichten von 1 – 2 der ältesten Äste eine positive Verjüngung erreicht werden. Diese werden bodeneben abgeschnitten. Neuen Trieben wird dadurch Platz und Licht für eine gute Entwicklung gegeben.
Rahmweiss
1,5 bis 2 m
Nach Honig